Kommentare (7)
Ist wirklich 1 Halbstarker ein Schlurf?
Ich glaube eher, Schlurf ist ein Kollektivum, so wie das Wort 'Gsindl' auch nicht für eine Person steht, also z. B. "do gräut vü Schlurf umananda" = "hier verkehren viele Halbstarke". Aber abwarten, was die anderen sagen. Ich ziere mich noch mit der Stimmabgabe.
Brezi 11.05.2007
Vor Kurzem im Fernsehen: "Schlurf - Im Swing gegen den Gleichschritt"
Eine Reportage über widerständige Jugendliche, bis hinein in die NS-Zeit. Eine Weinviertlerin wurde sogar hingerichtet, weil sie Schlurfe aufnahm und verbarg. Definitiv: Der Schlurf - ein sich durch Kleidung und Haartracht als unangepasst zeigender Jugendlicher (über die Bedeutung der Mädchen weiß ich nichts mehr, die werden nicht so im Vordergrund gestanden sein), der unerwünschte Musik hörte; in der Nazi-Diktatur natürlich entartete, also "Neger-Musik". Umerziehungslager mit dem Ziel des Brechens der Persönlichkeit drohten. Daher bis heute: "Untam Hitla hätts des net gebn!" Günter Schifter war unter den Opfern.
"In den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entschieden sich Tausende Jugendliche für eine Lebenskultur, die im diametralen Gegensatz zu den Idealen des nationalsozialistischen Regimes stand. Die Dokumentation erteilt jenen das Wort, die - obgleich als Jugendbewegung von den Nazis verfolgt - später niemals als NS-Opfer anerkannt wurden, für deren Geschichte sich bisher nur ein kleiner Kreis von Fachleuten interessiert hat und deren Name auch heute noch - Jahrzehnte nach Ende der Naziherrschaft - ein Schimpfwort geblieben ist."
klaser 11.05.2007
siehe auch
http://kundendienst.orf.at/programm/fernsehen/orf2/dokfilm_aktuell.html klaser 11.05.2007
@klaser
Danke für den informativen Kommentar. Demnach war Schlurf damals Subkultur im besten Sinne. Was du da erzählst, kannte ich alles noch nicht, bis auf das mit Günter Schifter.
Mir gefällt es, dass hier u. a. auch kulturelle Hintergründe aufgezeigt werden.
Brezi 11.05.2007
nach 1945
wurde als Schlurf allgemein ein langhaariger, der Arbeit nicht besonders zugetaner junger Mann bezeichnet. (Die Entnazifizierung in den Köpfen ging halt nicht gar so schnell.)
Die "Halbstarken" kamen dann erst in den 50er Jahren auf. Aber auch uns hat man oft noch als Schlurf bezeichnet. "Jetzt gehst aber zum Friseur! Schaust ja scho aus wia a Schlurf, mit deine langen Zott'n!"
heri 13.05.2007
Ich, Jahrgang 1941, habe einige gesehen und gekannt. Hatte aber schon ein Motorrad und eine schwarze Lederweste. Siehe dann auch Marlon Brando.
ant18ikes 02.01.2016
Beschreibung einer Wiener Diplomarbeit von 1993:
"Schlurfs" waren Arbeiterjugendliche, die zur Zeit der NS-Herrschaft in Wien ihren eigenen subkulturellen, an angloamerikanischer Mode orientierten Stil entwickelten und gerne zu Swing tanzten. Sie gerieten dadurch in Gegensatz zur Hitlerjugend, lieferten sich mit dieser zuweilen harte Auseinandersetzungen und wurden von den nationalsozialistischen Behörden verfolgt. Die Arbeit versucht, die Jugendsubkultur der "Schlurfs" in den Gesamtzusammenhang der europäischen Jazz-Subkulturen einzuordnen: ähnlich wie die Hamburger "Swings" und "Swingheinies," die Pariser "Zazous," die Prager "Potápki" und die Wiener bürgerlichen "Swings" entwickelten "Schlurfs" aus den Angeboten der Kulturindustrie ihren eigenen Stil, der im Widerspruch zum Nationalsozialismus stand.
source: Anton Tantner, "Annäherungen an einen subkulturellen Stil Wiener Arbeiterjugendlicher", 1993/2007
Lupina 19.05.2020